Gut gefragt ist halb gewonnen

Ich sitze während einer Veranstaltung im Publikum. Ca. 500 Leute müssten das hier um mich herum sein. Die Sitze sind ein wenig wie im Kino: recht breit mit Armlehnen, samtig weich und sehr bequem. Ein leises Stimmengewirr tönt an mein Ohr. Die Geräusche werden durch die gedämmte Akustik im Raum ein bisschen verschluckt. Was nicht unangenehm ist in Anbetracht der Menge an Zuhörern hier. Dann dimmt sich das Licht langsam, die Stimmen verstummen und das Licht auf der Bühne geht an. Ein Referent betritt die Bühne. Er stellt sich vor und beginnt mit seiner Präsentation. Nach etwa zehn, fünfzehn Minuten ertappe ich mich dabei, wie meine Gedanken abwandern. Ich zwinge mich zum Fokussieren auf den Referenten. Mit jeder verstreichenden Minute fällt mir die Konzentration schwerer.

Wer hat so etwas nicht selbst schon einmal erlebt? Oder erlebt Ähnliches ständig?

Stellen Sie sich nun einmal Folgendes vor:
Sie sitzen in ebendiesem Saal. Das Licht wird abgedunkelt und die Bühne angestrahlt. Ein Moderator betritt diese, begrüßt das Publikum und geht dann dazu über, einen Gesprächspartner anzukündigen. Er bittet diese Person auf die Bühne und ein Zwiegespräch beginnt. Der Moderator stellt Fragen, reagiert auf Antworten und lässt einen Dialog entstehen, der sich scheinbar ganz locker weiterentwickelt. Zwei Menschen stehen sich gegenüber und man spürt die Persönlichkeit der Beiden. Das macht neugierig. Die Fragen sind interessant, die Antworten noch interessanter und das Ganze ist alles andere als langweilig. Ihre Aufmerksamkeit ist eine komplette halbe Stunde gleich hoch, denn es passiert immer etwas.

Was macht den entscheidenden Unterschied?
Das Ganze menschelt. Im Interview-Stil ist die Sprache menschlicher und damit leichter verständlich. In einer Präsentation hingegen nimmt der Referent meist die Sprache der Charts an. Eine einzelne Stimme wirkt über einen längeren Zeitraum ermüdend auf den Zuhörer. Es passiert nichts weiter. In einem Interview läuft alles sehr viel flexibler ab – vorausgesetzt, der Moderator ist gut und stellt die richtigen Fragen, die auch das Publikum interessieren. Unvorhergesehenes kann passieren. Es entwickelt sich etwas. Da spielt sich in Bild und Ton eine Geschichte ab.

Ist einmal eine Antwort kompliziert ausgefallen oder gespickt mit Begriffen, die das Publikum nicht verstehen könnte, übersetzt der Moderator so, dass alle dem Dialog folgen können. Steht ein Referent allein auf der Bühne, fehlt eine solche Übersetzung. Erst recht dann, wenn er an seiner sperrigen Formulierung festhält.

Scheinsicherheit Charts
Referenten fühlen sich meist sicherer, wenn sie sich an ihren Präsentationscharts entlanghangeln können. Dies ist in meinen Augen jedoch eine Scheinsicherheit. Eine gute PowerPoint-Präsentation ist kein Redemanuskript (siehe dazu den Blog: „PowerPoint mal richtig“). Ein einfühlsamer Interviewer ist dagegen eine sichere Bank, vorausgesetzt, man hat sich zuvor gut abgestimmt. Er sorgt für die richtige Dramaturgie und stellt sicher, dass keine wichtige Information vergessen wird.

Und on top verhilft es dem Referenten zu mehr Ruhe, nimmt Nervosität. Ein guter Moderator lenkt dessen Aufmerksamkeit stattdessen auf den Gesprächsinhalt und seine Botschaften. So können sehr schöne Dialoge – praktisch schon auf partnerschaftlicher Ebene – stattfinden. Der Redner hat einen Partner auf der Bühne und bekommt permanent positives, motivierendes Feedback. Somit entsteht für alle ein angenehmes Setting mit vielen interessanten Aussagen und Informationen, die jeden Einzelnen mit einem guten Gefühl von der Veranstaltung nach Hause fahren lässt.

Go for it!

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