Avatar EmmA hilft bei Stressbewältigung

Terminvereinbarung mit Avatar

Avatar EmmA ist ein gefördertes Forschungsprojekt mit dem  Ziel, diesen Avatar als Soforthilfe bei stressgefährdeten Patienten einzusetzen. Das ist nur ein Beispiel von vielen Anwendungen, in denen Avatare in Zukunft die Versorgung von Patienten unterstützen können.

Über den aktuellen Stand der Technik und die Zukunftsperspektiven von virtuellen Assistenz – und Trainingssystemen unterhielt ich mich mit Alexander Stricker. Er ist geschäftsführender Gesellschafter von Charamel und ein Pionier interaktiver Trainingssoftware und digitaler 3D-Assistenten. Mit seinem Unternehmen arbeitet er an einer zunehmend „menschlicheren“ Mensch-Maschine-Kommunikation.

Alexander Stricker geschäftsführender Gesellschafter der Charamel GmbH
Alexander Stricker geschäftsführender Gesellschafter der Charamel GmbH

Lieber Herr Stricker, vielen Dank, dass Sie sich heute die Zeit für ein Interview nehmen. Sie sind Geschäftsführer eines Unternehmens, das einen zuckersüßen Namen hat. Wie kam es zu dem Namen?

Nun, der Name entstand spontan beim Brainstorming. Zum einen suchten wir sinnbildlich einen Namen, der verschiedene Schwerpunkte vereint. Als wir gestartet haben, arbeiteten wir sowohl konzeptionell an Möglichkeiten zur Einbindung von virtuellen Charakteren, der Gestaltung und Produktion von 3D Charakteren und deren Animation basierend auf unserer eigenen Echtzeitanimationssoftware.

Einer unserer Kollegen hatte zufällig „Caramel“-Bonbons dabei und nach langem hin und her haben wir gedacht, dass caramel sich als Symbiose der Begrifflichkeiten gut eignet. Ergänzt um einen weiteren Buchstaben, fanden wir den Namen „Charamel“, da der erste Teil des Wortes auch gleich beginnt wie Character. Letztlich ein Zufall, dass die Herleitung so funktionierte. Mit dem passenden Logo werden wir zwar häufig für eine Süßwarenmarke gehalten, aber der Name bleibt jedem in Erinnerung.

Charamel macht interaktive Applikationen, Avatare und 3 D Animationen? Wie entstand  das  Portfolio?

Das war von Anfang an der Gründungszweck. Basierend auf unseren vorherigen Jobs kam uns der Gedanke, dass virtuelle Charaktere mehr sein können als Entertainer. Unsere Software war anfangs für den Einsatz von virtuellen Moderatoren im TV und auf Events konzipiert. Die Weiterentwicklung Richtung Internet ergab ganz schnell, dass der Einsatz und die Verbindung von Avataren für einfache und intuitive Kommunikation zwischen Mensch und Maschine sehr bedeutsam ist. Heute ist die Technologie so ausgereift, dass die Interaktivität im Bereich der Darstellung von Avataren in Echtzeit überall möglich ist und so menschliches Verhalten optimal dargestellt werden kann.

Die ersten Avatare habe ich vor ca. 15 Jahren gesehen. Was hat sich seither getan?

Wahnsinnig viel! Die Grafik ist deutlich verbessert, und dank der Rechenintensität neuester Technologie optimal möglich. Damit steigt die Qualität bis hin zum Fotorealismus. Was damals nur auf Großrechnern möglich war, lässt sich heute auf kleinen Geräten wie Smartphones bestmöglich darstellen. Dazu kommt natürlich die Künstliche Intelligenz. Dank KI können wir intelligente und selbstlernende Systeme und Assistenten realisieren, die heut bereits als Ansprechpartner im Kundenservice, zur Unterstützung und Assistenz bei Aufgaben oder psychologischer Hürden eingesetzt werden.

Wo werden Avatare und 3D Animationen derzeit angewendet?

Das Spektrum ist groß! Wir realisieren derzeit viele größere Projekte im Bereich Dialog und Emotionale Unterstützung. Das geht vom virtuellen Concierge auf Kiosksystemen bis hin zu Online Assesmentcenter, bei dem Avatare emotional und motivierend erste Interviews führen und Tests durchführen. Aber auch Assistenzsysteme im Gesundheitswesen  sind denkbar, denn Avatare sind emotionales Bindeglied und können auf Verhalten und durch Interaktivität auf persönliche Situationen eines Menschen eingehen und unterstützen.

Derzeit sind Sie in ein Forschungsprojekt involviert. Dort wird ein Einsatz von Avataren als Coaches geprüft. Können sie mehr über das Projekt verraten?

Das Ziel des Projekts EmmA ist es, ein mobiles Assistenzsystem zu entwickeln, das zur Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen am Arbeitsplatz sowie bei der betrieblichen Wiedereingliederung nach einer psychischen Erkrankung genutzt werden kann. Ausgangspunkt ist eine multimodale Echtzeit-Sensoranalyse mit Hilfe von Smartphones, die physiologische und soziale Signale interpretiert.

Darauf aufbauend wird ein sozio-emotionales Verhaltensmodell entwickelt und an einen virtuellen Avatar gekoppelt, der kontextabhängig bei schwierigen Situationen Hilfe anbietet. Etwa 15% der Krankheitstage von Erwerbstätigen basierte auf psychische Störungen. EmmA soll bei der Gefährdungsbeurteilung hinsichtlich psychischer Faktoren unterstützen und geeignete Gegenmaßnahmen treffen. Den Betroffenen soll damit ein digitaler Coach-Assistent an die Hand gegeben werden.

Spezielle Sensorerkennung analysiert das erhalten

Eine Adaptierung auf andere Bereiche sind auch Thema, zumal wir mit spezieller Sensorerkennung Verhalten analysieren und unterstützend einwirken können. Quasi die digitale Therapie für den täglichen Gebrauch! Wir arbeiten hier in einem Konsortium mit fünf Partnern zusammen, die verschiedene Expertise einbringen. Das Projekt wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) unterstützt und ist für viele Menschen und Organisationen spannend.

Agieren eines Avatars
Agieren eines Avatars

Wie eigenständig kann ein Avatar heute agieren und was erwarten Sie für die Zukunft?

Derzeit ist die das Agieren eines Avatars noch extrem abhängig von der dahinterliegenden Intelligenz, die jeweils für eine Anwendungsdomäne programmiert bzw. erstellt wird. Mithilfe der Künstlichen Intelligenz und dem sogenannten maschinellen Lernen ergeben sich zukünftig umfassende Möglichkeiten. Voraussetzung sind geeignete Daten, aus denen Zusammenhänge generiert werden. Die Sammlung und Aufbereitung der Daten wird in den nächsten Jahren enorm steigen und Avatare können damit in intelligenten Umgebungen sehr eigenständig agieren. Wie eigenständig sie dann agieren , hängt sicherlich vom einzusetzenden Szenario ab.

Könnte ein Avatar demnächst eine menschliche Rezeption in Unternehmen oder in Arztpraxen ersetzen?

Grundsätzlich sehen wir Avatare oder virtuelle Mitarbeiter nicht als Konkurrenz zu den menschlichen Mitarbeitern. Ein virtueller Rezeptionist ist dann die logische Ergänzung zum Menschen und soll hier Kapazitäten für wichtigere Aufgaben freilegen. Eine Mitarbeiterin oder ein Mitarbeiter einer Arztpraxis der den Empfang managt kann durch virtuelle Kollegen entlastet werden und sich qualitativ wichtigeren Aufgaben widmen. Automatisierte Prozesse sollen entlasten nicht entlassen!

Bisher werden Avatare als „technisches Spielzeug“ wahrgenommen und finden viel Anklang im Gaming: Welche Gründe sehen Sie, dass Avatare in Zukunft einen festen Platz als Assistenzsysteme einnehmen?

Bedienung und Systeme werden immer komplexer und benötigen neue Modelle in der Kommunikation. Wir sind als Mensch seit Geburt an gewohnt von Angesicht zu Angesicht zu kommunizieren. Wir können auf das Gegenüber eingehen und auch visuell Verhalten interpretieren. Umso wichtiger ist die non-verbale Kommunikation bei der Emotionen von Nutzern erkannt werden und mit entsprechender Emotion durch den Avatar reagiert wird. Ein zorniger Blick, verschränkte Arme geben zusätzlich Aufschluss auf Stimmung und Zustand eines Menschen. Auch das muss beim Service in Unternehmen oder bei Patienten entsprechend berücksichtigt werden. Avatare können hier unterstützen und erleichtern den Kommunikationsprozess.

Gibt es Informationen, ob Besucher einen virtuellen Rezeptionisten akzeptieren oder vielleicht zu anonym finden?

Validierte Informationen gibt es aufgrund von Studien nur in Bezug auf automatisierte Dienste, die keinerlei Emotionskonzept bieten. Immerhin wünschen sich über 53% nach einer Studie von Capgemini einen digitalen Ansprechpartner mit Gesicht im Chat. In jedem Fall werden diese Systeme mit Avataren menschlicher und fördern die Akzeptanz.

Ist eine parallele Zukunft von Robotern und Avataren denkbar oder wird eine der beiden virtuellen Spezies die andere überleben?

In jedem Fall sehen wir in verschiedenen Anwendungsszenarien sogar die Verschmelzung von Avatar und Roboter als wichtig. Ein Roboter ist haptisch zeigt aber in der Regel keine menschliche Emotion. In Asien gibt es bereits erste Ansätze, das Gesicht eines Roboters mit einem Display zu gestalten, damit die Emotionalität durch Sprache und Mimik deutlich transportiert wird. In der Altenpflege könnte der Roboter dann bereits auf ein Streicheln oder einer Berührung mimisch reagieren und noch lebendiger wirken.

Wo sehen Sie für Patienten Anwendungsbereiche der Zukunft?

Im Bereich der persönlichen Assistenz zur Unterstützung. Einsatzmöglichkeiten sind zum Bespiel bei Fragestellungen zu bestimmten Symptomen, der Erklärung bei der Einnahme von Medikamenten oder Nebenwirkungen, der Bedienung von medizinischen Geräten, der Coach bei psychologischer Unterstützung oder in der Frühwarnung bei Krankheitsanalyse. Denkt man umfassend, so wäre auch die Abbildung ganzheitlicher Prozesse von der Erst-Anamnese bis hin zur direkten Terminvereinbarung denkbar.

Erst-Anamnese durch Avatar
Erst-Anamnese durch Avatar

Ab 2020 gibt es medizinische Apps auf Rezept. Wie ist Ihre Einschätzung, wann wird es virtuelle Assistenten auf Rezept geben?

Nun, das hängt davon ab, wie schnell ein Demonstrator valide zu einem marktreifen Produkt geführt wird. Ich denke, dass wir erste virtuelle Assistenten in den kommenden drei Jahren im Gesundheitswesen häufiger sehen werden. Ob diese dann zugelassen sind, hängt sicherlich vom Zulassungsprozess ab. Dies ist gänzlich eine Herausforderung für die meisten Entwickler, da die Zulassung von Apps für alle ein neues Betätigungsfeld ist.

Für heute gibt es wieder eine Whats Next Frage an alle Ärzte und Patienten:

Welche Funktionen von virtuellen Assistenzsystemen tragen aus Ihrer Sicht besonders zu mehr Menschlichkeit in der Medizin bei? Ich freue mich auf Ihre Kommentare und Anregungen

Herzlichst Ihr Gerd Wirtz
www.facebook.com/Dr.Gerd.Wirtz

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